Tag 1: Aufbruch in München

Tag 1: Aufbruch in München


Die Sonne scheint hell über München. Hamad steht vor seiner kleinen Wohnung in einem ruhigen Viertel. Er atmet tief durch. Heute beginnt sein großes Abenteuer mit dem Fahrrad durch die bayerischen Alpen. Sein Fahrrad, Kaze, steht bereit, bepackt mit allem, was er für die erste Etappe braucht. Er überprüft noch einmal seine Packliste: Zelt, Schlafsack, Regenkleidung, Werkzeug, Wasserflaschen und natürlich sein Deutsch-Wörterbuch.

Hamad ist einunddreißig Jahre alt und kommt aus dem Iran. Vor drei Monaten ist er nach München gezogen, um hier als Softwareentwickler zu arbeiten. Die Stadt hat ihm von Anfang an gefallen: die schönen Parks, die freundlichen Menschen und die Nähe zu den Bergen. Er liebt es, Fahrrad zu fahren, und er ist sehr neugierig auf Deutschland. Diese Reise soll beides verbinden: seine Leidenschaft für das Radfahren und sein Wunsch, das Land und die Sprache besser kennenzulernen.

Er schließt die Tür seiner Wohnung ab und trägt sein Gepäck zum Fahrrad. Es ist schwerer als gedacht, aber er ist zuversichtlich, dass er sich daran gewöhnen wird. Er befestigt die Taschen sicher am Gepäckträger. Ein letzter Blick zurück zur Wohnung, dann schwingt er sich auf Kaze.

Die ersten Kilometer führen ihn durch die belebten Straßen von München. Er muss auf den Verkehr achten, aber die Radwege sind gut ausgebaut. Er sieht viele Menschen, die ebenfalls mit dem Fahrrad unterwegs sind. Das gefällt ihm. In München ist das Fahrrad ein ganz normales Verkehrsmittel.

Er fährt in Richtung Süden, aus dem Stadtzentrum hinaus. Die Gebäude werden niedriger, und bald sieht er die ersten grünen Felder. Die Luft riecht frischer hier. Er macht eine kurze Pause am Ufer der Isar. Das Wasser fließt ruhig dahin. Er erinnert sich an seinen ersten Spaziergang entlang des Flusses, kurz nach seiner Ankunft in München. Damals hat er sich noch etwas fremd gefühlt, aber jetzt spürt er eine wachsende Vertrautheit mit dieser Stadt und diesem Land.

Er holt sein Deutsch-Wörterbuch heraus und sucht nach dem Wort für "Fluss". Der Fluss. Er wiederholt das Wort mehrmals. Deutsch zu lernen ist nicht einfach, aber er macht Fortschritte. Jeden Tag lernt er neue Wörter und Sätze. Die Reise soll ihm helfen, seine Sprachkenntnisse zu verbessern, indem er mit den Menschen unterwegs spricht.

Nach der Pause setzt er seine Fahrt fort. Die Landschaft wird hügeliger. Er muss mehr in die Pedale treten. Ihm wird warm, aber die Bewegung tut ihm gut. Er genießt die Natur um sich herum: die grünen Wiesen, die bunten Blumen am Wegesrand und den blauen Himmel mit den weißen Wolken.

In einem kleinen Dorf macht er Mittagspause. Er findet einen gemütlichen Biergarten unter schattigen Bäumen. Er bestellt ein Radler und eine Brezel mit Obatzda. Die Bedienung spricht langsam und deutlich, als sie seine Bestellung aufnimmt. Er versteht fast alles. Das ist ein gutes Gefühl.

Während des Essens beobachtet er die anderen Gäste. Viele von ihnen scheinen Einheimische zu sein. Sie unterhalten sich auf Bairisch, dem Dialekt, der hier gesprochen wird. Hamad versteht nur wenig, aber er lauscht aufmerksam dem Klang der Sprache. Er nimmt sich vor, später mehr über die bayerischen Dialekte zu lernen.

Nach dem Mittagessen fährt er weiter. Die Sonne steht jetzt hoch am Himmel. Der Weg führt durch kleine Wälder und über sanfte Hügel. Er passiert Bauernhöfe mit Kühen und Schafen auf den Weiden. Er grüßt die Menschen, die ihm entgegenkommen, mit einem freundlichen "Grüß Gott", wie er es gelernt hat. Die meisten grüßen zurück.

Am Nachmittag erreicht er den Starnberger See. Das Wasser glitzert in der Sonne. Er ist beeindruckt von der Größe des Sees und der Schönheit der Landschaft. Er beschließt, eine Pause am Ufer zu machen. Er setzt sich ins Gras und genießt die Aussicht. Einige Segelboote gleiten über den See. Menschen schwimmen und sonnen sich am Strand.

Er kramt sein Notizbuch hervor und schreibt einige Sätze über seine Eindrücke des Tages. Er versucht, so viele neue deutsche Wörter wie möglich zu verwenden. Es ist eine gute Übung für ihn.

Langsam wird es Abend. Hamad sucht nach einem geeigneten Platz für sein Zelt. Er findet eine kleine, ruhige Stelle am Rande eines Feldes, etwas abseits des Sees. Er fragt einen Bauern, der gerade seine Kühe auf die Weide treibt, ob es in Ordnung ist, hier zu zelten. Der Bauer ist freundlich und erlaubt es ihm. Er gibt Hamad sogar einen Tipp, wo er frisches Wasser finden kann.

Hamad baut sein Zelt auf. Es ist das erste Mal, dass er alleine zeltet. Es ist etwas umständlich, aber nach ein paar Minuten steht das Zelt. Er breitet seinen Schlafsack aus und verstaut seine Sachen.

Als die Sonne untergeht, sitzt er vor seinem Zelt und kocht sich eine einfache Mahlzeit auf seinem kleinen Gaskocher. Die Luft ist kühl und klar. Er blickt auf den See und die Berge in der Ferne. Ein Gefühl der Freiheit und des Abenteuers erfüllt ihn.

Er holt sein Deutschbuch hervor und lernt noch ein paar neue Vokabeln. Der Berg, die Sonne, der See, der Wald. Er versucht, sich kleine Sätze mit diesen Wörtern zu merken.

Später klettert er in seinen Schlafsack. Es ist gemütlich und warm. Er denkt über den ersten Tag seiner Reise nach. Er hat viel gesehen und erlebt. Er hat mit Menschen gesprochen und sein Deutsch geübt. Er ist müde, aber glücklich.

Bevor er einschläft, erinnert er sich an einen Satz, den ihm sein Deutschlehrer in München gesagt hat: "Jeder Tag ist eine neue Chance, etwas zu lernen." Das nimmt er sich für morgen vor. Er will offen sein für neue Erfahrungen und jeden Moment seiner Reise genießen. Mit diesen Gedanken schläft Hamad ein, der Wind flüstert leise um sein Zelt. Er träumt von hohen Bergen und klaren Seen, und von Gesprächen auf Deutsch, die er fließend führen kann. Der erste Tag seines bayerischen Abenteuers ist zu Ende, aber viele weitere aufregende Tage liegen noch vor ihm. Er ist gespannt, was er morgen entdecken wird. Vielleicht trifft er interessante Menschen oder findet einen besonders schönen Radweg. Er freut sich darauf, mehr von Bayern zu sehen und seine Sprachkenntnisse weiter zu verbessern. Diese Reise ist mehr als nur eine Fahrradtour; es ist eine Reise zu sich selbst und in eine neue Kultur.